3.3 Andere daktylische Verse
Daktylen kommen zwar hauptsächlich im Hexameter und im elegischen Distichon vor, doch sie werden gelegentlich auch in anderen Versstrukturen verwendet. Insbesondere in den lyrischen Gedichten von Horaz finden sich ganze Strophen, die auf daktylischen Metren basieren.
Kritische Ausgaben lateinischer Texte enthalten oft einen „conspectus metrorum“, wo man sich über die Versmasse der Gedichte informieren kann. Wer sich beispielsweise für die metrische Struktur einer Horaz-Ode interessiert, kann die Ausgabe von Klingner 31959 konsultieren und dort ab S. 314 einen Überblick über die Metren finden. Diesem lässt sich entnehmen, dass zwei von Horaz verwendete Strophenformen ausschliesslich aus daktylischen Metren bestehen:
Die erste archilochische Strophe (Klingner 31959, 319: „Archilochium primum“) besteht aus zwei Distichen mit je einem Hexameter und einem katalektischen daktylischen Tetrameter (6da || 4da || 6da || 4da |||). Ein Beipiel hierfür ist die erste der acht Strophen von Hor. carm. 1,7:
Lāudābūnt ălĭī clārām Rhŏdŏn āut My̆tĭlēnēn |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
āut Ěphĕsōn bĭmărīsvĕ Cŏrīnthī |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
mōenĭă vēl Bācchō Thēbās vĕl Ăpōllĭnĕ Dēlphōs |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
īnsīgnīs āut Thēssălă Tēmpē; |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
Die zweite archilochische Strophe (Klingner 31959, 319: „Archilochium alterum“) besteht aus zwei Distichen mit je einem Hexameter und einem Hemiepes (bzw. katalektischen daktylischen Trimeter). Das einzige Beispiel für 6da || hem || 6da || hem ||| ist Hor. carm. 4,7. Vgl. die Verse 1–4 dieses Gedichts:
Dīffūgērĕ nĭvēs, rĕdĕūnt iām grāmĭnă cāmpīs |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ | ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
ārbŏrĭbūsquĕ cŏmāe; |
(Schema: ‒ ⏑⏑, ‒ ⏑⏑, ×) |
mūtāt tērră vĭcēs, ēt dēcrēscēntĭă rīpās |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ | ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑, ‒ ×) |
flūmĭnă prāetĕrĕūnt. |
(Schema: ‒ ⏑⏑, ‒ ⏑⏑, ×) |
Auch die Seneca-Ausgabe von Zwierlein 21987, 466 enthält einen „conspectus metrorum“, dem sich entnehmen lässt, dass Sen. Herc. O. 1944-1962 aus akatalektischen daktylischen Tetrametern (auch ‚Alkmanikus‘ genannt) besteht. Vgl. beispielsweise Vers 1944:
Ūndĕ sŏnūs trĕpĭdās āurēs fĕrĭt? |
(Schema: ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ ⏑⏑) |
Literaturhinweise zu anderen daktylischen Versen: Boldrini 1999, 98.156-162, Crusius/Rubenbauer 21955, 60f. und Zgoll 2012, 105-111.
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