5.2.4 Trochäischer Septenar/versus quadratus
Im Unterschied zu den kürzeren trochäischen Versen ist der Septenar in der Bühnendichtung sehr verbreitet. Neben dem jambischen Senar (vgl. Kapitel 4.2.3) ist er der wichtigste Dialogvers in der römischen Komödie und Tragödie. Wie der jambische Septenar (vgl. Kapitel 4.2.4) ist auch der trochäische Septenar eigentlich ein katalektischer Oktonar und besteht aus siebeneinhalb Füssen. Die Kürze im siebten Fuss ist fest. Meist hat der trochäische Septenar eine Mitteldiärese, d.h. einen Einschnitt nach vier Füssen. Als Alternative dazu gibt es auch regelmässig eine Zäsur nach dem 7. oder eine Diärese nach dem 10. Element (d.h. nach dem fünften Fuss):
1 ⏕ ×, 2 ⏕ ×, 3 ⏕ ×, 4 ⏕ ⁝ ×, ⁞ 5 ⏕ ×, ⁝ 6 ⏕ ×, 7 ⏕ ⏑, 8 ×
Analysieren Sie als kurze Übung die folgenden trochäischen Septenare (inkl. Einschnitten):
Liv. Andr. trag. 1: Si malas imitabo, tum tu pretium pro noxa dabis.
Sī mălās ĭmĭtābō, tūm tū | prĕtĭūm prō nōxā dăbīs. [MD] |
Ter. Haut. 255: quid comedent! quid ebibent! quid sene erit nostro miserius?
quīd cŏmĕdēnt! quĭd ēbĭbēnt! | quīd sĕn(e) ĕrīt nōstrō mĭsĕrĭŭs? [Zäsur nach 7. Element] |
Ter. Haut. 664: sequere me intro hac. {SO.} ut praeter spem evenit! quam timui male
sĕquĕrĕ m(e) īntr(o) hāc. {SO.} ūt prāetēr sp(em) ēvēnīt! | quām tĭmŭī mălĕ [Diär. nach 10. Elem.] |
Als Spezialform des trochäischen Septenars kann der versus quadratus aufgefasst werden. Er zeichnet sich durch eine Gliederung in Dipodien aus: Neben der Mitteldiärese (nach vier Füssen) finden sich häufig auch Diäresen nach dem zweiten und dem sechsten Fuss, wodurch der Vers ‚viergliedrig‘ erscheint. Der versus quadratus hat weniger Auflösungen, dafür aber viele Stilmittel wie Alliterationen, Anaphern, Parallelismen etc. Dieses Versmass scheint einen volkstümlichen Ursprung zu haben und wurde gerne in Sentenzen, Kinderliedern und Spottversen verwendet. Eines der bekanntesten Beispiele ist das carmen triumphale von Caesars Soldaten über dessen angebliches homosexuelles Verhältnis zu Nikomedes, dem König von Bithynien (vgl. Suet. Iul. 49,4):
Gāllĭās Cāesār sŭbēgīt, | Nīcŏmēdēs | Cāesărĕm:
ēccĕ Cāesār | nūnc trĭūmphāt | quī sŭbēgīt | Gāllĭās,
Nīcŏmēdēs | nōn trĭūmphāt | quī sŭbēgīt | Cāesărĕm.
Vgl. dazu Courtney 1993, 483f., Gerick 1996, 35f. und Zgoll 2012, 128f. (Boldrini 1999, 116 ist fehlerhaft). Zu subigo im obszönen Sinne vgl. Adams 1982, 155f.
5.2.5 Trochäischer Oktonar
Der trochäische Oktonar ist relativ selten und auf Lieddichtungen im Altlatein beschränkt. Da Mitteldiäresen verbreitet sind, ist es oft schwierig zu entscheiden, ob eine Analyse mit zwei Quaternaren oder mit einem Oktonar zu bevorzugen ist (vgl. zu diesem Problem auch Kapitel 4.2.2). Das Schema sieht demnach folgendermassen aus:
1 ⏕ ×, 2 ⏕ ×, 3 ⏕ ×, 4 ⏕ ×, ⁞ 5 ⏕ ×, 6 ⏕ ×, 7 ⏕ ×, 8 ⏕ ×
Als Beispiel sei ein Vers aus Ennius’ verlorener Tragödie Medea genannt, der vermutlich folgendermassen gelautet hat (vgl. Cic. fam. 7,6,1):
quāe Cŏrīnth(um) ārc(em) ālt(am) hăbētīs | mātrōn(ae) ŏpŭlēnt(ae) ōptŭmātēs
Vgl. dazu auch Boldrini 1999, 117.
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