5. Trochäische Verse
Trochäische Verse werden hauptsächlich in der Bühnendichtung verwendet. Ein reiner Trochäus besteht aus einer langen und einer kurzen Silbe (‒ ⏑). Wie beim Jambus ist ein trochäischer Fuss aber eigentlich eine Kombination aus einer Länge, die durch zwei Kürzen aufgelöst werden kann, und einem elementum anceps, das durch eine Länge, eine Kürze oder eine Doppelkürze realisiert werden kann (⏕ ×). Trochäische Verse können ebenfalls aus Metren (5.1) oder aus Füssen (5.2) bestehen. Im ersten Fall ist die Kürze als zweites Element fest (⏕ ⏑ ⏕ ×).
5.1 Trochäische Verse nach griechischer Art (mit Metren)
Nach griechischer Art gebaute trochäische Verse sind im Unterschied zu den jambischen Versen (vgl. Kapitel 4.1) relativ selten. Im Folgenden ist einzig auf die katalektischen trochäischen Dimeter (5.1.1), die katalektischen trochäischen Tetrameter (5.1.2) und die Hinktetrameter (5.1.3) einzugehen.
5.1.1 Katalektischer trochäischer Dimeter
Der katalektische trochäische Dimeter ist insbesondere aus Hor. carm. 2,18 bekannt, wo er zusammen mit einem katalektischen jambischen Trimeter die sogenannte hipponakteische Strophe (vgl. Klingner 31959, 320) bildet (Verse 1–4; mit Angabe der Silbenquantitäten):
Nōn ĕbūr nĕqu(e) āurĕŭm |
(Schema: 1 ‒ ⏑ ‒ ⏑, 2 ‒ ⏑ ×) |
5.1.2 Katalektischer trochäischer Tetrameter
Der trochäische Septenar (vgl. 5.2.4) verschwindet im 1. Jh. v. Chr. aus der Bühnendichtung und wird durch den katalektischen trochäischen Tetrameter zurückgedrängt, der gleich viele Elemente enthält, aber nach griechischer Art mit festen Kürzen an zweiter Stelle der vier Metren gebaut ist. Nach dem zweiten Metrum ist eine Diärese üblich:
1 ⏕ ⏑ ⏕ ×, 2 ⏕ ⏑ ⏕ ×, ⁞ 3 ⏕ ⏑ ⏕ ×, 4 ⏕ ⏑ ×
Der katalektische trochäische Tetrameter findet sich bei Seneca vor allem in pathetischen Szenen. Skandieren Sie als Beispiel und kurze Übung Sen. Phaedr. 1212:
amplius sors nulla restat; regna me norunt tria.
āmplĭūs sōrs nūllă rēstāt; | rēgnă mē nōrūnt trĭă. [MD] |
5.1.3 Trochäischer Hinktetrameter
Der trochäische Hinktetrameter entspricht dem katalektischen trochäischen Tetrameter bis auf das Versende: Anstelle der festen Kürze im vierten Metrum enthält er eine Länge. Dadurch entsteht wie beim Hinkjambus (vgl. Kapitel 4.1.4) der Eindruck, dass der Vers ‚hinkt‘. Trochäische Hinktetrameter sind heute nur noch bei Varro belegt. Aus den Saturae Menippeae des im 1. Jh. v. Chr. wirkenden Universalgelehrten sind etwa 600 Fragmente erhalten. Darunter auch der trochäische Hinktetrameter in fr. 250:
dūlc(em) ăquām bĭbāt sălūbr(em) ēt flēbĭl(e) ēsĭtēt cēpĕ
Das Verb ēsĭtāre heisst „essen“; cēpe n. ist eine undeklinierbare Nebenform zu cēpa f. „Zwiebel“.
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