Das elegische Distichon in Aristophanes, Frieden 1298f.
Der erste Vers (Frieden 1298) des Einführungsbeispiels ist ein Hexameter. In Bezug auf die Prosodie ist die Hiatkürzung zwischen ἀγάλλεται und ἣν zu beachten. Der zweite Vers besteht zwar aus daktylischen Elementen, ist aber kein Hexameter. Die Längen und Kürzen sind folgendermassen verteilt:
‒ ⏑ ⏑ ‒ ‒ ‒ | ‒ ⏑ ⏑ ‒ ⏑ ⏑ ‒ |
ἔντος ἀμώμητον | κάλλιπον οὐκ ἐθέλων. |
Der zweite Vers ist ein Pentameter. Durch die getrennte Darstellung oben soll eine seiner Eigenheiten, die Mitteldiärese, bereits angedeutet werden. Die Verbindung von Hexameter und Pentameter wird elegisches Distichon genannt, da die Kombination dieser zwei Verse insbesondere in Elegien verwendet wird. Ausserdem sind sie in Epigrammen – sowohl in echten Inschriften als auch in literarischen – beliebt.
Der Name Pentameter ist irreführend, da es sich eigentlich nicht um fünf Metren handelt, sondern um zwei Mal ein "Hemiepes" (Abkürzung: hem; von τὸ ἡμιεπές "der Halbvers"). Bereits in der Antike wurde ein Kolon des Hexameters bis zur Penthemimeres mit Hemiepes bezeichnet. Man denke an zwei Mal μῆνιν ἄειδε θεά aus Ilias 1,1. Entstanden ist der Begriff Pentameter für diesen Versbau aus der mechanischen Zusammenzählung von 2 x 2,5 daktylischen Metren. Der Pentameter kommt beinahe ausschliesslich in Verbindung mit einem Hexameter vor.
Das Bauschema eines elegischen Distichons (ohne Zäsuren, Diäresen und Brücken):
1 ‒ ⏔, 2 ‒ ⏔, 3 ‒ ⏔, 4 ‒ ⏔, 5 ‒ ⏑ ⏑, 6 ‒ ‒ ||
‒ ⏔, ‒ ⏔, ‒ | ‒ ⏑ ⏑, ‒ ⏑ ⏑, ‒ ||
Der Hexameter im elegischen Distichon: Grundsätzlich gilt auch hier das unter 3.1.1 zum homerischen Hexameter Gesagte. Im Unterschied zu rein hexametrischen Gedichten ist die Zäsur Kata triton trochaion bei den früheren Elegikern beliebter als die Penthemimeres. Dies könnte damit zusammenhängen, dass schon der Pentameter einen starken Einschnitt nach 2,5 Metren hat (nach dem ersten Hemiepes).
Der Pentameter im elegischen Distichon: Das auffälligste Merkmal des Pentameters ist sicherlich die Mitteldiärese, die sich aus der Aneinanderfügung von zwei "Halbversen" erklären lässt. Sie fehlt im Pentameter nur äusserst selten. Während Kontraktion im ersten Hemiepes noch verbreitet ist (‒ ⏔), bleibt der daktylische Charakter im zweiten in der Regel bestehen (‒ ⏑ ⏑).
In Aristophanes' Frieden singt der Knabe den Anfang einer berühmten Elegie von Archilochos (7. Jh. v. Chr.). In der massgeblichen Ausgabe Iambi et Elegi Graeci von Martin West sind noch zwei weitere Verse zu finden (fr. 5). Versuchen Sie, das ganze Gedicht metrisch zu lesen:
ἀσπίδι μὲν Σαΐων τις ἀγάλλεται, ἣν παρὰ θάμνωι,
ἔντος ἀμώμητον, κάλλιπον οὐκ ἐθέλων·
αὐτὸν δ' ἐξεσάωσα. τί μοι μέλει ἀσπὶς ἐκείνη;
ἐρρέτω· ἐξαῦτις κτήσομαι οὐ κακίω.
"Ein Saier zwar rühmt sich meines Schildes, den ich bei einem Busch, als tadellose Waffe, gegen meinen Willen zurückgelassen habe. Mich selbst aber habe ich gerettet. Was kümmert mich jener Schild? Fort mit ihm! Ich werde mir sogleich einen nicht schlechteren erwerben."
Man kann sich denken, dass dieser Inhalt dem Friedensstifter Trygaios besser gefällt: Im Unterschied zum Sohn des Generals Lamachos (vgl. Kapitel 3.1.6) jagt er den zweiten Knaben nicht fort. Vielmehr nutzt er die Rezitation des Sohnes von Kleonymos für einen Seitenhieb gegen dessen Vater, der vermutlich auch einmal unrühmlich aus einem Kampfgeschehen geflüchtet war. Trygaios fragt den Jungen in einem daktylischen Hexameter (Frieden 1300):
εἰπέ μοι, ὦ πόσθων, εἰς τὸν σαυτοῦ πατέρ' ᾄδεις;
Dies könnte man in etwa folgendermassen übersetzen:
"Sag mir, du Schniedel, singst du über deinen eigenen Vater?"
Wie bereits in Trygaios' Gespräch mit dem ersten Knaben reizt auch hier das Aufeinandertreffen des Hexameters (als Versmass gehobener Dichtung) und der komödientypischen Sprache (wie die Ansprache ὦ πόσθων, ein Diminutiv zu πόσθη "Penis") zum Lachen.
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