E-Learning: Einführung in die altgriechische Metrik

 


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5.3.3 Bakchylides und Pindar

Bakchylides und Pindar sind die beiden bekanntesten Verteter der Chorlyrik. Neben den Daktyloepitriten (vgl. Kapitel 5.2) sind insbesondere auch Gedichte mit äolischen Kola verbreitet. Da Bakchylides weitgehend die im Kapitel zu Sappho und Alkaios besprochenen Formen verwendet (vgl. Kapitel 5.3.1), kann bei seinen Gedichten auf eine eingehendere Besprechung verzichtet werden.

Von Pindar hingegen sind zwar auch einige einfachere Formen belegt, doch in den meisten äolischen Gedichten scheint er mit neuen Formen zu experimentieren. Dies hat zur Folge, dass bei Pindar kaum feste Regeln formulierbar sind und jedes Einzelgedicht separat interpretiert werden muss. Immerhin hilft bei der Analyse seiner Strophen die strenge Berücksichtigung der gegenseitigen Responsion. Aus der Fülle von Sekundärliteratur zur Metrik von Bakchylides und Pindar seien als erster Zugang insbesondere die Teubner-Editionen empfohlen, bei denen vor jedem Gedicht eine metrische Analyse zu finden ist (vgl. Snell/Maehler 81987 und Maehler 1989 zu Pindar, sowie Maehler 112003 zu Bakchylides).

Im Unterschied zu Sappho und Alkaios kann in den Chorliedern von Bakchylides und Pindar sowie in den äolischen Lyrikpartien der Tragödie und der Komödie eine Länge in zwei Kürzen aufgelöst werden und anstelle von zwei Kürzen eine Länge eintreten. Neben den bereits bekannten Formen sind für Pindar noch weitere Kola belegt, die als anaklastische Varianten aufgefasst werden können. West notiert diese mit zwei hochgestellten Punkten:

   gl¨ Statt ○ ○ ‒ ⏑ '⏑ ‒' ⏑ ‒ (Glyconeus) ist das Versschema ○ ○ ‒ × '‒ ⏑' ⏑ ‒.
     ̭gl¨ (=tel¨) Statt × ‒ ⏑ '⏑ ‒' ⏑ ‒ (Telesilleus) ist das Versschema × ‒ × '‒ ⏑' ⏑ ‒.
    ̭ ̭gl¨ (=dod¨) Statt ‒ ⏑ '⏑ ‒' ⏑ ‒ (Dodrans) ist das Versschema ○ ○ '‒ ⏑' ⏑ ‒.

 

Schon bei Bakchylides und Pindar, v.a. dann aber in der Chorlyrik der Dramen, werden die äolischen Kola vielfach mit anderen Kola vermischt, insbesondere mit jambischen, jambisch-chorjambischen, daktylischen und auch mit anapästisch-jambischen. Dies wird aus der folgenden Übung ersichtlich werden.

Wie bei den Daktyloepitriten ist das Ziel dieser Einführung lediglich, dass Sie metrische Analysen der Chorlyrik von Bakchylides und Pindar nachvollziehen können. Versuchen Sie dies mit der 1. Olympie von Pindar, indem Sie die metrische Analyse der Ausgabe von Snell/Maehler 81987 nachvollziehen.

 

Αʹ Ἄριστον μὲν ὕδωρ, ὁ δὲ χˈρυσὸς αἰθόμενον πῦρ

Snell/Maehler: gl pher ||

Lösung

 

ἅτε διαπˈρέπει νυκτὶ μεγάνορος ἔξοχα πλούτου·

Snell/Maehler: cr pher2d ||

Lösung

 

εἰ δ’ ἄεθˈλα γαρύεν

Snell/Maehler: cr ia ||

Lösung

 

ἔλδεαι, φίλον ἦτορ,

Snell/Maehler: pher ||

Lösung

 

μηκέτ’ ἀ͜ελίου σκόπει (5)

Snell/Maehler: cr ia ||

Lösung

 

ἄλλο θαλπνότερον ἐν ἁμέρᾳ φαεν-
      νὸν ἄστρον ἐρήμας δι’ αἰθέρος,

Snell/Maehler: cr 2ia  ̭pher ia ||

Lösung

 

μηδ’ Ὀλυμπίας ἀγῶνα φέρτερον αὐδάσομεν·

Snell/Maehler: cr ia   ̭pher (ia) ||

Lösung

Die Klammer um das zweite "ia" bezeichnet einen jambischen Fuss.

 

ὅθεν ὁ πολύφατος ὕμνος ἀμφιβάλλεται

Snell/Maehler: 3ia ||

Lösung

 

σοφῶν μητίεσσι, κελαδεῖν

Snell/Maehler: (ia) 2cr ||

Lösung

 

Κρόνου παῖδ’ ἐς ἀφˈνεὰν ἱκομένους  (10)

Snell/Maehler: ba ia cr ||

Lösung

 

⸏μάκαιραν Ἱέρωνος ἑστίαν,

Snell/Maehler: ia cr (cr) |||

Lösung
Der Strich unterhalb von Zeile 11 bezeichnet das Ende der ersten Strophe.

 

θεμιστεῖον ὃς ἀμφέπει σκᾶπτον ἐν πολυμήλῳ

Snell/Maehler: gl pher ||

Lösung

 

Σικελίᾳ δρέπων μὲν κορυφὰς ἀρετᾶν ἄπο πασᾶν,

Snell/Maehler: cr pher2d ||

Lösung

 

ἀγˈλαΐζεται δὲ καί

Snell/Maehler: cr ia ||

Lösung

 

μουσικᾶς ἐν ἀώτῳ, (15)

Snell/Maehler: pher ||

Lösung

 

οἷα παίζομεν φίλαν

Snell/Maehler: cr ia ||

Lösung

 

ἄνδρες ἀμφὶ θαμὰ τ͜ράπεζαν. ἀλλὰ Δω-
     ρίαν ἀπὸ φόρμιγγα πασσάλου

Snell/Maehler: cr 2ia  ̭pher ia ||

Lösung

λάμβαν’, εἴ τί τοι Πίσας τε καὶ Φερενίκου χάρις

Snell/Maehler: cr ia   ̭pher (ia) ||

Lösung

 

νόον ὑπὸ γ͜λυκυτάταις ἔθηκε φροντίσιν,

Snell/Maehler: 3ia ||

Lösung

 

ὅτε παρ’ Ἀλφεῷ σύτο δέμας  (20)

Snell/Maehler: (ia) 2cr ||

Lösung

 

ἀκέντητον ἐν δρόμοισι παρέχων,

Snell/Maehler: ba ia cr ||

Lösung

 

⸏κράτει δὲ π͜ροσέμειξε δεσπόταν,

Snell/Maehler: ia cr (cr) |||

Lösung
Der Strich unterhalb von Zeile 22 bezeichnet das Ende der Antistrophe.

 

Συρακόσιον ἱπποχάρ-
      μαν βασιλῆα· λάμπει δέ οἱ κλέος

Snell/Maehler: ia cr cho ba ia ||

Lösung

 

ἐν εὐάνορι Λυδοῦ Πέλοπος ἀποικίᾳ·

Snell/Maehler: (cr) cho cr ia ||

Lösung

 

τοῦ μεγασθενὴς ἐράσσατο Γαιάοχος (25)

Snell/Maehler: tr (cr) cho cr ||

Lösung

 

Ποσειδάν, ἐπεί νιν καθαροῦ λέβη-
      τος ἔξελε Κ͜λωθώ,

Snell/Maehler: ba gl   ̭pher ||

Lösung

 

ἐλέφαντι φαίδιμον ὦμον κεκαδˈμένον.

Snell/Maehler: chodim ‒ ⏑ ‒ ⏑ ‒ ||

Hinweis: chodim=gl¨ (vgl. dazu West 1982, 193 und Kapitel 5.3.4).

Lösung

 

ἦ θαύματα πολλά, καί πού τι καὶ βροτῶν

Snell/Maehler:   ̭gl ‒ ⏑ ‒ ⏑ ‒ ||

Lösung

 

φάτις ὑπὲρ τὸν ἀλαθῆ λόγον  (28b)

Snell/Maehler:   ̭chodim [s.o. zu 27] cr ||

Lösung

 

δεδαιδαλμένοι ψεύδεσι ποικίλοις
⸐     ἐξαπατῶντι μῦθοι.

Snell/Maehler: ba gl cho ba |||

Lösung
Der Strich unterhalb von Zeile 29 bezeichnet das Ende der Epode.

 

 

Literatur zur äolischen Lyrik, Bakchylides und Pindar: Korzeniewski 1968, 153-158; West 1982, 61-68; Snell 41982, 54-57; Sicking 1993, 167-172; Utzinger 2007, 25; Bär 2009, 71.

 

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